| Gestern morgen haben wir sehen können wie unterschiedlich doch Weibchen und Vögel in ihrem Benehmen sind. Ich habe gegen 10 Uhr die Weibchen aus ihrer Voliere fliegen lassen damit sie oben im Witwerschlag, wie wir es immer machen und wie sie es gewohnt sind, bei ihren Vögeln einspringen. Während die Vögel seit dem Umbau auf dem Dach doch immernoch ein wenig seltsam im Verhalten sind, störten sich die Täubinnen in keiner Weise an die neuen Platten. Sie flogen einige Runden um das Haus, landeten und liefen in die Schläge als sei nichts gewesen. Das war schon interessant zu beobachten. Im Grunde genommen wäre es heutzutage sinnvoller nur noch Weibchen zu reisen.
Zuvor wurden allerdings die 11 jährigen Weibchen, die wir dieses Jahr auf dem Witwerschlag angepaart haben, aus der Voliere gefangen, denn diese sind noch gar nicht umgewöhnt in die Witwerschläge. Das muss jetzt noch passieren. Diese Weibchen wurden im Korb hoch getragen.
Nachdem die Tauben sich dann den ganzen Tag über vegnügt haben, wurden sie eingekorbt zum heutigen Vorflug ab Gilserberg. Beim Verladen der Körbe ins Auto löste sich dann an einem Korb eine Klappe und zwei Vögel entwichen. Also mussten die Ausflüge geöffnet werden und es wurde gewartet bis sie wieder eingesprungen waren. Die beiden Vögel kamen kurz bei ihren Weibchen zur Ruhe und wurden wieder eingekorbt.
In der Einsatzstelle beklagten mehrere Sportfreunde massive Probleme mit Greifvögeln am Haus und entsprechende Verluste. Auch über den relativ frühen Beginn der Reise bei diesen teilweise winterlichen Temperaturen beschwerten sich (zurecht) einige Züchter. Aber ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass sich in unserem völlig überalterten Hobby diesbezüglich noch einmal was ändert. Man macht immer weiter wie man es schon vor 50 Jahren getan hat. Damals war man allerdings nicht so wild und korbte die Tauben ein, wenn noch kein bißchen Grün an den Bäumen war. Heute hat man das wohl alles vergessen, wenn man sieht wieviele Kabis heute unterwegs sind. Es interessiert niemanden mehr. Auch die teilweise deutlich zu hohen Verluste auf dem ersten Vorflug unserer RV werden einfach so hingenommen wie überall sonst in der Republik auch, als sei das alles normal. Wenn jeder Züchter zwei Tauben verliert, dann sieht das zunächst wenig aus, aber es ist insgesamt für solche kurzen Flüge viel zu viel. Natürlich spielen da auch die Greifvögel eine Rolle, die extrem aktiv sind.
Ein Züchter aus Norddeutschland schrieb mir gestern abend: "Mein Vater ist gestern mit zwei anderen Züchtern auf 30 km gewesen und das war ein Fiasko. Den ganzen Tag über kamen Tauben. Und jeder der drei Züchter hat eine Taube verloren.Ein vierjähriger Vogel kam schwer verletzt zuhause an." - Ja, da muss man sich doch nicht wundern! Es ist kalt, es ist Nordostwind, es ist noch kein Frühling und die Züchter karren mit ihren Tauben los. Ich verstehe den Sinn hinter diesen privaten Trainingsflügen sowieso nicht. Da wird auf 20 oder 30 Kilomter gefahren - als wenn das einer Taube irgendetwas bringen würde. Stattdessen füttert man die Greifvögel. Dieses ganze Privattraining in Deutschland ist zu einer regelrechten Obsession geworden bei vielen Züchtern. Als ginge es gar nicht anders.
Dabei wird vergessen, dass wir Brieftauben haben und die sind darauf gezüchtet und ausgelesen auch über größere Entfernungen heim zu kommen ohne dass man sie dafür besonders trainiert.
Auf den ersten Preisflügen wird man natürlich die Preislisten der Vieltrainierer wieder bestaunen können mit Resultaten über 90 Prozent und vielen Spitzenpreisen. Und bei den meisten ist dann spätestens Mitte der Reise der Ofen aus und die Leistungen gehen deutlich zurück. Aber es hat auch sein Gutes: man kann anhand dieser Preislisten sehr gut erkennen bei welchen Schlägen man sich besser keine Tauben "zur Verstärkung" kauft. Das sind nämlich genau diese Schläge wo die Leistungen nicht zuvorderst auf der Qualität der Tauben beruhen, sondern auf Training, Training, Training.
Ich werde darauf sicherlich noch einmal zurückkommen, wenn die ersten Preisflüge anstehen.
Für heute erwarte ich ehrlich gesagt auch einen nicht so einfachen Verlauf des Vorflugs aus den genannten Gründen. Unsere Tauben sind obendrein ja erst das erste Mal im Kabi und es wird nicht so leicht und ich rechne leider auch mit Verlusten. Aber wir haben halt keine andere Chance als nun die Tauben mitzugeben. Sonst bräuchten wir sie gar nicht mehr reisen dieses Jahr.
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