| Auf einer niederländischen Homepage eines über Jahre sehr erfolgreichen Sportfreundes las ich jetzt folgendes: "Eines ist sicher. Selbst die beste Zuchttaube produziert jedes Jahr 90 Prozent Abfall. Nur bei kommerziellen Züchtern scheinen sie alle gut zu sein."
Im Grunde genommen hat dieser Sportfreund recht. Wenn man mal über die Jahre seinen Bestand anschaut, die Leistungen in Zucht und Reise und sich dann seine besten Zuchttiere vornimmt, dann sieht man sehr schnell, dass selbst aus diesen besten Zuchttieren unglaublich viele Kinder und Enkel gekommen sind, die nicht die notwenige Qualität hatten um länger im Reise- oder Zuchtschlag zu verbleiben.
Da bleibt am Ende nur die Frage: gibt es für uns Züchter Möglichkeiten, außer in die Preisliste zu schauen, sehr frühzeitig die Qualität einzelner Tauben zu beurteilen und somit den eigenen Bestand besser zu machen und damit auch zu verkleinern?
Ich glaube nicht wirklich daran. Zurückliegend habe ich mich immer wieder damit beschäftigt, wie sogenannte Klassifizierer Tauben beurteilen. Nach welchen Merkmalen sie ihre Einschätzung vornehmen und wie sich dieses dann auswirkt. Was man sagen kann: im Prinzip achten alle Klassifizierer auf die gleichen Dinge. Den Bau der Taube, ihre Geschlossenheit, den Rücken, die Muskulatur, einige auch auf die Federqualität usw. Es gibt auch noch Experten, die auf bestimmte Qualitäten im Auge der Taube achten. Aber züchten diese Sportfreunde, wenn sie selbst züchten und reisen, durchschnittlich mehr gute Tauben als andere Züchter? Ich glaube kaum.
Und trotzdem können solche Klassifizierer oder auch sehr erfahrene Sportfreunde eine große Hilfe sein für den ein oder anderen Züchter. Denn selbst wenn sie letztlich nicht mehr gute Tauben züchten als andere Sportfreunde, so züchten sie doch auf die Dauer deutlich weniger schlechte Tauben. Sie züchten körperlich weniger "Ausschuss" und damit hat man im Zuchtbestand einen ersten ganz kleinen Schritt gemacht, damit man bessere Tauben züchtet, weniger Tauben verliert usw. Denn in einem bin ich sicher: in der Masse betrachtet haben gute Tauben, insbesondere sehr gute Zuchttauben, kaum körperliche Schwächen. Und wenn sie hier und da eine Schwäche haben, dann kann man sie züchterisch kompensieren durch einen Partner, der in der Hand nahezu perfekt ist.
Selbstverständlich sollte immer die Leistung der Taube und ihrer Eltern zuvorderst stehen. Ohne Leistung und Auslese nach Leistung geht gar nichts. Aber wenn ich dann weiter eine Auslese nach bestimmten körperlichen Qualitäten treffe, dann komme ich doch schon ein Stück voran in der Zucht.
Der Sportfreund, den ich weiter oben zitierte, schrieb in seinem Beitrag auch folgendes: "Die Brüder aus dem hohen Norden scheinen mir nur mit blauen Tauben zu gewinnen, ihre Schimmel sind im Handel ungeheuer beliebt. Ich gehe davon aus, dass sie sogar einen Schlag aufgestellt haben, um diese Farbe zu weiter zu züchten..." Er meint damit die Gebrüder Leidemann, die ihre Erfolge aktuell zu einem ganz großen Teil mit blauen Tauben erringen. Verkauft werden allerdings - ganz besonders hier in Deutschland - für viel Geld deren Schimmel....und genau damit fängt das Elend in der Zucht in vielen Beständen schon an. Es werden nicht die Tauben dazu geholt, welche die beste Leistung versprechen, sondern die, die das meiste Geld versprechen. Ganz davon abgesehen werden dann die Tauben ohne körperliche Prüfung über das Internet gekauft und so kann man - in der Regel - nicht weiter kommen. Ja, man kann mal Glück haben mit einer im Internet gekauften Taube. Aber die meisten Bestände, die sich über die Jahre Tauben ausschließlich oder überwiegend über das Internet kaufen und gekauft haben, haben ihr Leistungsniveau nicht verbessern können - eher im Gegenteil. Und das hat einfach Gründe in der Qualität der Tauben. Ein langes Papier mit einer Abstammung ist nicht alles. Die Tauben für die Zucht sollten auch in der Hand ihre Qualitäten haben. | | |
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