| Derzeit bin ich damit beschäftigt mir über die Verpaarung unserer Zuchttauben für die kommende Zuchtperiode Gedanken zu machen. Mit unserem Abstammungsprogramm probiere ich dann einiges aus und natürlich habe ich dann auch immer im Kopf, wie die Tauben jeweils gebaut sind. Allerdings muss ich mir um den Bau und sogenannte "Ausgleichspaarungen" immer weniger Gedanken machen, denn Tauben, die vom Bau her nicht so sind, wie gewünscht, gehen erst gar nicht in den Zuchtschlag. Tauben, die zu groß sind, möchte ich da genauso wenig, wie Tiere, die mir insgesamt zu klein sind. Tauben mit zu schwachem Rücken werden auch nicht in die Zucht gesetzt und Tiere, die zu kurz im Brustbein sind oder deren Muskulatur schlecht reagiert usw. auch nicht. Es ist schwer zu erklären. Ich habe so eine Vorstellung wie eine Taube aussehen sollte und daran versuche ich den Bestand züchterisch anzunähern. Nicht jede Taube muss diesen Vorstellungen vollständig entsprechen, aber sie sollten eben auch nicht zu weit davon entfernt sein. Hinzu kommt - und das ist fast das Wichtigste - dass die Tiere eine gewisse "Vitalität" ausstrahlen sollten. Sie sollten einem positiv auffallen, wenn man sie beobachtet, sie sollten in der Pigmentierung des Gefieders und der Augen eher überdurchschnittlich sein und sich einfach vom Durchschnitt etwas abheben.
Zuvorderst sollten es natürlich Leistungstiere sein, die in der Zucht sitzen oder allenfalls Kinder bzw. Geschwister von Leistungstieren. Eine Ausnahme davon machen wir in der Zucht nur manchmal bei sehr eng in Linie gezogenen Tauben. Da können es dann auch mal Enkel von Leistungstauben o.ä. sein. Diese sollten dann aber auch wirklich absolut perfekt (nach unseren Vorstellungen) im Bau sein.
In einem Gespräch auf der DBA unterhielt ich mich mit einem Sportfreund über die Selektion. Eigentlich verstehen wir alle zu wenig von den körperlichen Qualitäten einer Brieftaube, als dass wir sagen könnten, welches nun eine gute Taube ist und welche nicht. Aber wir selbst hatten noch nie eine sehr gute Reise- oder Zuchttaube, die in der Handbeurteilung sehr viele Defizite hatte. Hin und wieder hatte mal eine einen schwachen Rücken oder war doch sehr klein oder sehr groß oder war "sehr kurz", aber die allermeisten sehr guten Tauben hier waren auch in der Handbeurteilung sehr ordentlich bis sehr gut. Und so sollte man auch bei der Auswahl seiner Zuchttauben schauen, dass man Tiere zur Zucht nutzt, die körperlich wenig Schwächen haben. Es macht alles sehr viel leichter.
Wenn wir für uns selbst etwa 70 Jungtiere züchten, dann ist es inzwischen so, dass darunter keine fünf Tiere mehr sind, die wir nach einer gewissen Zeit, in der die Jungtiere wachsen und sich verändern usw. aufgrund der Handbeurteilung selektieren müssen. Vielleicht sind es pro Jahrgang so zwei oder drei Tiere.
Wenn ich aber gelegentlich Sportfreunde besuche, die vielleicht auch nicht so erfolgreich reisen, dann erschrecke ich manchmal, was dort für Tauben als Zuchttiere genutzt werden. Davon abgesehen, dass es häufig ein zusammen geholtes Sammelsurium aller möglichen Linien ist, haben auch deutlich zu viele Tiere aus meiner persönlichen Sicht zu große körperlichen Mängel. Und damit ist doch der Misserfolg schon vorprogrammiert.
Niemand weiß sicher was eine gute Taube wird. Gute und sehr gute Tauben sind sehr selten. Besonders gute und sehr gute Zuchttauben sind extrem selten. Aber wenn schon die körperlichen Vorraussetzungen bei einer Taube nicht stimmen, dann wird es noch schwieriger aus ihr gute oder sehr gute Nachzucht zu züchten.
Günter Prange wurde vor einiger Zeit in einem Interview folgendermaßen zitiert: "Es werden vermutlich sowieso viel zu wenige Tauben selektiert". Rein auf den Leistungsgedanken bezogen hat er damit sicherlich vollkommen recht. Wir halten fast alle zu viele, zu durchschnittliche Tauben. Im Zuchtschlag, in der Reisemannschaft usw. Wir sind natürlich auch Brieftaubenliebhaber und es ist wichtig, dass man auch Tauben hat, die einem einfach gefallen, die man auf Freude am Tier behält, auch wenn die Leistung vielleicht nicht sonderlich gut ist. Aber insgesamt scheint es mir doch, dass die Qualität der Tauben in den meisten Beständen über die Jahre abgenommen hat. Gleichzeitig wurden viele Bestände aufgebläht in der Hoffnung, dass je mehr Tauben man hat, dann doch etwas mehr gute darunter sind. Die meisten unserer Meisterschaftsbedingungen befördern dieses Vorgehen leider noch. Aber das ist wieder ein anderes Thema. | | |
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