| Gestern abend hatten wir eine außerordentliche RV-Versammlung und das Thema war das weitere Vorgehen unserer Reisevereinigung bzgl der Reise in unserem Regionalverband. Man konnte sehr gut sehen wie zerrissen die Züchter in ihrer Entscheidungsfindung sind.
Im Grunde genommen sehen alle die finanzielle Notwendigkeit mit den anderen RVen im Regionalverband irgendwie zusammen zu arbeiten, gemeinsam zu transportieren usw.
Auf der anderen Seite befindet sich unser Regionalverband bzgl seiner Führung, der Flugleitung usw. in einem desolaten Zustand (insbesondere nach dem letzten Reisejahr) und die Züchter trauen den Verantwortlichen einfach kein Stück weit mehr bzgl der Durchführung der Reise.
Wenn zu so einer außerordentlichen Versammlung mit nur einem Thema 44 Sportfreunde erscheinen, d.h. etwa die Anzahl der reisenden Schläge, dann weiß man wie sehr sich die Züchter mit dieser Situation außeinander setzen und sich eine Entscheidungsfindung nicht leicht machen.
Ich selbst habe in der Versammlung betont, dass es mir persönlich gleich wäre, ob man alle 12 oder 13 Flüge im Regionalverband irgendwie gemeinsam transportiert und auflässt. Ich bin sogar der Meinung, dass das insgesamt sehr gut für die Tauben und ihre Qualität auf die Dauer wäre.
Aber: solange die Verantwortlichen für die Durchführung der Reise und die Auflässe jene bleiben, die es auch im letzten Jahr waren, kann ich nur sagen: mit diesen Personen möchte ich genau das nicht. Weil die Prioriäten falsche gesetzt wurden und wieder falsch gesetzt werden: auf die Meisterschaften und die Erfüllung der Bedingungen und nicht auf das Wohl der Tauben. Und wenn dieses kein Ende hat, dann möchte ich meine Tauben diesen Personen eben nicht anvertrauen.
Nun sind wir nicht die einzige RV und der einzige Regionalverband in denen es solche Schwierigkeiten gibt. Im Gegenteil: die Probleme gibt es fast überall. Und das ist ein strukturelles Problem, denn die Regionalverbände sind als Institutionen im Brieftaubensport der heutigen Zeit längst überholt und gehören abgeschafft. Wir müssen hin zu einem freieren Wettbewerb in der man in jeder Region je nach Züchterdichte, Taubenzahlen und Wünschen der Sportfreunde entscheiden kann, wie man die Reise gestalten möchte. Stattdessen gab es allen Ernstes in der Mitgliederversammlung unseres Verbandes von einem Regionalverbandsvorsitzenden die Forderung, dass man RVen, die nicht an den Flügen im Regionalverband teilnehmen, noch stärker sanktionieren sollen. Als ich das las dachte ich mir: in welchem Brieftaubensport-Mittelalter lebt dieser Regionalverbandsvorsitzende eigentlich? Mit Druck und Strafen kommt man doch an dieser Stelle überhaupt nicht weiter.
Wir richten unser gesamtes Hobby, den Reiseplan, die Auflässe usw. im Grunde genommen von oben nach unten nach den Anforderungen der Deutschen Meisterschaften aus - und das kann nicht der Sinn eines zufriedenstellenden Hobbys sein. Aber wie sagte gestern nach der Versammlung ein Sportfreund zu mir: "Das wird so bleiben. Daran werden auch der neue Verbandspräsident und neue Präsidiumsmitglieder nichts ändern. Wahrscheinlich wollen sie es auch gar nicht ändern, weil sie vom aktuellen System immernoch profitieren." Da klang schon ein gehöriges Stück Resignation mit und letztlich hatte dieser Züchter recht.
Es scheint niemand Willens zu sein den deutschen Brieftaubensport von Grund auf zu reformieren und zu modernisieren und so siechen wir weiter dem Ende entgegen. Das ist traurig, aber man muss wohl damit leben. 95 Prozent der Sportfreunde müssen den 5 Prozent der Sportfreunde hinterherhecheln, die um die großen Meisterschaften spielen wollen. In der Folge wird man nie zufriedene Züchter in den RVen haben, die Spaß an ihrem Hobby haben und in letzter Konsequenz bedeutet das den weiteren Niedergang des Hobbys Brieftaubensport. Wir passen uns einfach den gesellschaftlichen Veränderungen überhaupt nicht an. In keiner Weise wird dem anderen Leben, der anderen Arbeitswelt und auch der anderen Einstellung zu einem Hobby, die viele Menschen heutzutage nun einmal haben, irgendwie Rechnung getragen. Der Brieftaubensport in Deutschland wird noch immer so ausgeübt wie vor 50 oder 60 Jahren.
Letztlich konnten wir am gestrigen Abend als Reisevereinigung gar keine wirklichen Entscheidungen treffen, weil hier im Regionalverband zu viele Dinge überhaupt nicht geklärt sind. U.a. die Frage, wie man gedenkt die Flugleitung in 2024 zu regeln. Ich habe da zwar persönlich eine Vermutung, aber es ist nichts beschlossen. In diesem Zusammenhang habe ich gestern in einem Gespräch mit unserem Flugleiter erwähnt, dass ich schon lange der Meinung bin, dass auch das Flugleiterwesen insgesamt ganz anders aufgestellt werden müsste. Meiner Ansicht nach würde es genügen wenn pro Reiserichtung in Deutschland, je nach Anzahl der RVen, die dort unterwegs sind, insgesamt zwei bis drei Oberflugleiter entscheiden, was getan wird. Und am Besten wäre es darüber hinaus noch, wenn diese Oberflugleiter nicht über ihren eigenen Regionalverband entscheiden, sondern jeweils über andere Regionalverbände bzw. RVen. Damit würde man intern meiner Ansicht nach einiges an Druck auf den Flugleiter herausnehmen...aber das ist auch einfach nur so eine Idee. | | |
|