| Im Brieftaubensport gibt es scheinbar eine Menge Hellseher und Weissager. Kaum präsentiert jemand eine Taube mit guter Abstammung irgendwo, oftmals nur mit Fotos, aber auch auf Auktionen während diverser Veranstaltungen, kommentiert jemand: "Das ist eine Granate." oder "Das ist eine Top-Taube." Nun mag man ja noch sagen können, dass die Tauben hervorragende Eltern oder Vorfahren hat oder dass sie in der Hanbeurteilung ausgezeichnet ist, aber ob die Taube in der Reise und/oder in der Zucht gut ist, das muss sich noch zeigen. Man kann es nicht anders feststellen als die Taube zu reisen oder Jungtiere aus ihr zu züchten und diese zu reisen. Kein Brieftaubenzüchter der Welt kann mit Bestimmtheit sagen, dass eine Taube wirklich sehr gut ist. Denn niemand kann in den Kopf der Taube schauen.
Es ist immer nur ein Probieren.
Es gibt unter den Brieftaubenzüchtern in der ganzen Welt sicherlich hier und da einige ganz wenige, die ein besseres Gefühl für die Qualitäten einer Taube haben und hinsichtlich der Beurteilung einer Taube ein etwas besseres Händchen. Aber selbst diese Sportfreunde züchten und kaufen deutlich mehr schlechte als gute Tauben.
Insofern ist es mir immer sehr suspekt, wenn sich Züchter hinstellen und eine Beurteilung zu einer Taube mit einer Gewissheit abgeben, die sie gar nicht haben können.
Wer versteht denn wirklich was von Brieftauben? Wenn wir ehrlich sind, dann sind das die Allerwenigsten.
Selbst Sportfreunde, die über Jahre super reisen und deren abgebene Tauben auch woanders zeigen, dass sie sehr gut fliegen und züchten können, stehen plötzlich ratlos da, wenn das "Taubenmaterial" nicht mehr da ist oder sich die Form der Tauben in einem Jahr einfach nicht einstellen will. Dann laufen sie genauso zum Tierarzt wie ein Anfänger, dann kaufen sie genauso andere Tauben und probieren diese wie ein Anfänger usw. Selbst die über viele Jahre erfolgreichsten Züchter hatten trotz all ihres Sachverstandes und Gefühls für Brieftauben irgendwann auch einmal schlechte Jahre und wussten dann nicht recht weiter.
In den allermeisten Fällen liegen schwächere Leistungen, wenn nicht besondere andere Gründe vorliegen wie ein Umzug oder ein neuer Schlag etc., daran, dass das Taubenmaterial einfach nicht mehr so ist, wie es einmal war. Und das geht oft schneller als man denkt. In drei, vier oder fünf Jahren wird oft aus einem sehr guten Bestand ein durchschnittlicher, weil die Qualität der Nachzucht oder auch der zugeholten Tauben einfach nicht mehr sehr gut ist.
Daher tut man, so denke ich, gut daran beim Taubenkauf immer zu schauen wie der abgebende Schlag auch selbst reist. Sportfreunde, die auf dem eigenen Schlag wenig zustande bringen in der Reise, aber darauf verweisen, dass abgegebene Tauben woanders gut fliegen, die aber von der gleichen eigenen Schlaganlage schon gut geflogen haben, haben in der allermeisten Fällen schon ein Qualitätsproblem. Da muss man viel Glück haben, wenn man aus solchen Beständen noch eine überdurchschnittliche Taube bekommt. Gleiches gilt meiner Ansicht nach für Schlähe, die nur an der Jungreise teilnehmen. Mit ein wenig Arbeit kann man in Deutschland auf der Jungtierreise natürlich "alles kurz und klein fliegen" - aber einen Rückschluss auf die Taubenqualität lassen die Leistungen kaum zu.
Ich denke, wenn man versuchen will sich mit Tauben zu verstärken und das Leistungsniveau des eigenen Bestandes zu verbessern, dann tut man gut daran sich sehr genau zu informieren. Über das Vorgehen in dem Bestand, aus dem man sich Tauben holen möchte, über die Konkurrenz, über die Leistungen usw. Und dann steht immer noch die Frage im Raum - ich schrieb dieser Tage schon darüber - ob man mit dem Sportfreund, von dem man sich Tiere holen möchte, auch harmoniert. Es ist nicht so einfach und man benötigt auch einfach Glück, wenn man sich neue Tiere dazu holt. Denn wenn wir ehrlich sind, dann verstehen wir alle von Brieftauben so gut wie gar nichts.... | | |
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