| Gestern Abend war ich der letzte Züchter, der seine Tauben in den Kabinenexpress für den heute geplanten Vorflug ab Medebach eingesetzt hat. Ich hatte sehr lange überlegt ob es überhaupt Sinn macht die Tauben mitzugeben, denn die Wettervorhersagen waren doch so, dass es nicht ganz einfach wird mit einem Auflass. Morgens dichte Bewölkung, ab dem späten Vormittag teils böiger Wind. Ich denke mir, dass es alles nicht ideal ist für die Jungtauben. Ein befreundeter Flugleiter sagte gestern zu mehr: "Heutzutage brauchst du für die ersten zwei, drei Vorflüge bei den Jungtauben ja fast Laborbedingungen, damit das gut geht." Ich denke, dass er damit die Situation gut beschreibt. Nun müssen wir alle abwarten was heute möglich ist mit den Tauben.
Der niederländische Sportfreund Gert-Jan Beute veröffentlichte gestern auf seinem Facebook-Profil einen Brief, den er von einem anderen niederländischen Züchter bekommen hat. Ich möchte diesen Brief hier einmal veröffentlichen um darzustellen wie schwierig es doch teilweise mit den Jungtieren inzwischen ist.
"Lieber Gert Jan,
Warum schreibe ich diese Nachricht? Ich wollte Ihnen einfach meine Geschichte erzählen ... Etwas, das ich und wir noch nie erlebt haben, da wir seit über 35 Jahren Tauben halten ... Natürlich mit Höhen und Tiefen. Aber es ist ein so schöner Sport. Zum ersten Mal seit 35 Jahren kann ich sagen, dass etwas in mir gebrochen ist ... Unser Jungtaubenschlag war meiner Meinung nach der beste, den wir je hatten, fantastische Jungtauben und so viel Selbstvertrauen ... Wir haben buchstäblich alles getan, wirklich alles, um den Jungtauben den bestmöglichen Start zu ermöglichen. Sie kennen das ja: Qualität, Gesundheit, viel Training, Essen und Trinken im Korb lernen, Übernachtungen im Korb simulieren, gute Ernährung, gute Anleitung... das Gesamtpaket war fantastisch, wir haben alles getan, um in Bestform zu sein. Über 30 Trainingsflüge von 1 bis 80 km, zweimal mit dem LKW... Verluste in Grenzen gehalten, mit über 60 gezüchteten Jungtauben gestartet. Erster Flug eingekorbt, waren noch 56 übrig. Und laut uns waren sie super, sogar der Tierarzt, ein bekannter Taubendoktor, bestätigte das... Am 11. Juli war es dann soweit: Sie kämpften sich für den ersten Flug in den Korb... Sie liefen so gut, ich kann fast sagen, zu gut... Der 12. Juli, der Tag der Wahrheit... Das wurde zum größten Albtraum, den ich als Taubenzüchter je erlebt habe... Von fast 60 eingekorbten Jungtauben kehrten 9 zurück... Von den übrigen hat man nie wieder etwas gehört... Drei Tage und Nächte saß ich am Schlag und weinte... Das hat mich (uns) so sehr getroffen... Waren wir die Einzigen? Nein! Mit wenigen Ausnahmen, die drei Viertel ihrer Tauben wieder zu Hause hatten... Soweit ich weiß, werden etwa zwei Drittel der freigelassenen Tauben immer noch vermisst... Es ist verrückt... Ich kann kaum darüber sprechen. Nun, im Nachhinein, hat ein Züchter Nachforschungen angestellt und mehrere Beobachtungen gemacht... Es hilft uns nichts. Aber ich möchte trotzdem meine Geschichte erzählen ... Ich habe einen Anhang beigefügt, den Sie ansehen können ...
Entschuldigen Sie die Ausführlichkeit ... Ich wollte einfach nur meine Geschichte erzählen ... Unsere Motivation, und vor allem meine, ist völlig verschwunden ... Ich kann mich nicht mehr dazu durchringen ... Wir brauchen wieder einen Anstoß in die richtige Richtung ... Wir haben uns auf die nächste Saison vorbereitet, weil wir für den Sprint tatsächlich neu angefangen haben. Das tut weh, so viel Schmerz ... Nochmals, entschuldigen Sie die Ausführlichkeit, aber ich wollte meine Geschichte mit einem Taubenzüchter durch und durch teilen."
Bezüglich der Jungtaubenverluste hat der Sportfreund Falco Ebben ebenfalls gestern einen den ersten Teil eines Podcasts zum Thema Jungtaubenverluste veröffentlich, den ich hier auch empfehlen möchte.
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